Wie laufen Tier-Transporte in und aus Österreich ab?
Wie laufen Tiertransporte aus Österreich nach Europa ab?
Österreich exportiert pro Jahr große Mengen an lebenden Tieren. Die Gründe sind vielfältig:
- Um Milch zu produzieren, müssen Kühe Kälber gebären. Diese werden in großer Anzahl (2023 waren es zirka 44.900) lebend ins EU-Ausland transportiert.¹ Ein direkter Transport von Kälbern aus Österreich in Drittländer ist aktuell nach dem österreichischen Tiertransportgesetz verboten. Allerdings werden Tierschutzorganisationen nach trotzdem zahlreiche Tiere aus EU-Ländern lebend in Drittstaaten weitertransportiert, wo sie oft bei vollem Bewusstsein geschlachtet werden.² Mehr zum Transport von jungen Kälbern findest du hier.
- Trächtige Kühe werden häufig (2023 waren es 29.186)³ – als „Zuchtrinder“ ins Ausland (inklusive Drittländer) transportiert.⁴ Mehr zum Transport von trächtigen Kühen.
- Geschlüpfte Puten-Küken werden zahlreich (2024 waren es zirka 2.1 Millionen)⁵ – ins Ausland transportiert, da es in Österreich nur wenige Putenmastbetriebe gibt.⁶ Auch lebende Puten werden tonnenweise (2022 waren es zirka 3.900 Tonnen) exportiert.⁷
Welche Regelungen gelten für Tiertransporte in Österreich?
In Österreich gelten das Tierschutzgesetz (TSchG), das Tiertransportgesetz (TTG), sowie die EU-Tiertransportverordnung.
Österreichische Gesetze zum Tierschutz und Tiertransport
Das Tierschutzgesetz (TSchG), sowie das Tiertransportgesetzt (TTG 2007) wurden 2022 zuletzt geändert.
EU-Tiertransportverordnung (EG) 1/2005
Die letzte EU-Verordnung zu Tiertransporten stammt aus dem Jahr 2005⁸. Zwischen 2007 und 2020 sind etwa 200 Verstöße gegen die Verordnung bei der EU-Kommission eingegangen. 2021 fand dann ein Untersuchungsausschuss zu Tiertransporten im EU-Parlament statt. „Dieser kam zum (…) Ergebnis, dass die bisher gültige Tiertransport-Verordnung nicht mehr zeitgemäß ist und es außerdem an der Durchsetzung mangelt. Die Bestimmungen in der Verordnung entsprechen nicht den neuesten wissenschaftlichen Ergebnissen und systematische Verstöße gegen die Tiertransport-Verordnung stehen auf der Tagesordnung.“⁹ 2023 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für ein neues EU-Tiertransportgesetz vorgelegt.
Worauf gilt es bei Tiertransporten zu achten?
Lebensphase der Tiere
Das Alter der Tiere wirkt sich erheblich auf ihre Transportfähigkeit aus.
Junge Kälber
Nach der EU-Tiertransportverordnung (EG) 1/2005 dürfen Kälber ab einem Altern von zwei Wochen transportiert werden, nach der österreichischen Tiertransportverordnung (2022) ab einem Alter von drei Wochen.¹⁰ Jungkälber unter acht Wochen sind jedoch „nicht-entwöhnt“, also von Flüssignahrung (der Muttermilch) abhängig. Angebot von Festfutter können sie nicht annehmen. Auch nicht geeignet sind Elektrolytlösungen, da sie zu wenige Proteine und Kohlenhydrate enthalten, sowie ein alleiniges Wasserangebot. ¹¹ Da Rinder sogenannte „Saugtrinker“ sind, können die Jungtiere nur durch Saugen an „zitzenähnlichen Strukturen mit weicher verformbarer Oberfläche“ trinken. Das Trinken von freien Oberflächen und von metallenen Spendern ist noch nicht möglich.¹² Viele junge Kälber schaffen es somit nicht, Nahrung aufzunehmen und leiden an Hunger und Durst.
Trächtige Kühe
Schwangere Kühe (genauer gesagt sogenannte „Kalbinnen“, die mit ihrem ersten Kalb schwanger sind) werden als „Zuchtrinder“ in andere Länder transportiert. In vielen Ländern wird der Import von Zuchtrindern finanziell gefördert.¹³ Nach dem österreichischen Tiertransportgesetz (Novelle 2022) ist der Transport von trächtigen Kühen als Zuchttiere in einige Drittländer erlaubt: nach Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, in die Russische Föderation und nach Usbekistan.¹⁴ Dies bedeutet für die Tiere lange Transportzeiten inklusive Wartezeiten an den Grenzen.
Platz für die Tiere
Wie viel Platz einem Tier während eines Transportes zugesprochen wird, hängt nach der EU-Tiertransportverordnung von der Art des Transportes (Straße, Schiene, Luftweg, Seeweg), sowie der Tierart ab.
Für ein junges Kalb mit einem Gewicht von ca. 55 kg ist für den Transport auf der Straße oder Schiene beispielsweise eine Fläche von 0.3 bis 0.4 m² vorgesehen, auf dem Luftweg sind 0.23 m² vorgesehen. Für ein Küken ist eine Fläche von 21 bis 25 cm² vorgesehen. Weitere Zahlen finden sich in Kapitel VII der EU-Tiertransportverordnung (EG) Nr. 1/2005. ¹⁵
Maximal-Zeit eines Transportes
Auch die Dauer eines Transportes entscheidet über das Wohlbefinden bzw. das Leid der Tiere. Während Kälber unter natürlichen Bedingungen im Schnitt sechs Mal pro Tag am Euter ihrer Mütter saugen, müssen sie im Falle eines Transports die Pausenzeiten abwarten – falls sie in dieser überhaupt gefüttert werden. Das bedeutet für die Tiere Durst, Hunger und Stress:
„Werden Kälber alle zwölf Stunden getränkt, so zeigen sie schon vor dem nahenden Fütterungszeitpunkt (…) Anzeichen höhergradigen Hungers. (…) Je länger der Zustand des Hungerns anhält, desto gewichtiger ist die Beeinträchtigung des Wohlbefindens. Sukzessive kommt es zu einem erheblichen Leiden, welches sich in beständigem Blöken und Belecken der Umgebung – seien es Artgenossen, seien es Ausstattungsgegenstände des LKWs, z.B. Gitterstäbe, Tränkenippel – äußert.“ ¹⁶
Nach der EU-Tiertransportverordnung (EG) 1/2005 sieht die Maximal-Zeit eines Transportes für nicht-entwöhnte Jungkälber, Lämmer, Zickel und Fohlen so aus:
- bis zu 9 Stunden Transport
- 1 Stunde Pause (Tränke, „nötigenfalls“ Fütterung)
- bis zu 9 Stunden Transport
- Entladung, Fütterung, Tränke – 24 Stunden Pause
- bis zu 19 Stunden Transport.
Für entwöhnte Rinder, Schafe, Ziegen, sowie für Schweine gilt:
- bis zu 14 Stunden Transport
- 1 Stunde Pause
- bis zu 14 Stunden Transport
- Entladung, Fütterung, Tränke – 24 Stunden Pause.
Umgang mit Verstößen gegen die geltenden Richtlinien
Bei Verstößen gegen die EU-Tiertransportverordnung sollen die Sanktionen „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein. ¹⁷ Diese sind von den EU-Ländern selbst durchzuführen. Ein Handbuch für Kontrolleur:innen wurde von der Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz herausgegeben und ist hier zum Download verfügbar.
1 – Bundesanstalt für Agrarwirtschaft (2024): Rindermarktübersicht und Prognose der Bruttoeigenerzeugung für 2024 und 2025. Onlinequelle.
2 – Land schafft Leben (2023): Kälbertransporte über EU-Grenzen hinweg. Hintergrundbericht. Seite 2. Onlinequelle.
3 – Landwirtschaftskammer Österreich (2024): Österreichische Genetik punktet 2023 am internationalen Zuchtviehmarkt. Onlinequelle.
4 – Vier Pfoten (2020): Tiertransporte von Zuchtrindern in Drittländer. Ein lukratives Geschäft auf Kosten der Tiere. Onlinequelle.
5 – Land schafft Leben: Infografiken rund um die Pute. Onlinequelle.
6 – Vier Pfoten (2020): Tiertransporte und Geflügel. Millionen Hühner und Puten leiden bei Transporten. Onlinequelle.
7 – Land schafft Leben (2024): Infografik Selbstversorgung mit Pute. Onlinequelle.
8 – Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen sowie zur Änderung der Richtlinien 64/432/EWG und 93/119/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1255/97. Onlinequelle.
9 – Waitz, Thomas (2022): Strengere Regeln beim Tiertransport. Onlinequelle.
10 – Land schafft Leben (2023): Kälbertransporte: Kuhhandel über EU-Grenzen hinweg. Hintergrundbericht. Onlinequelle.
11 – Dr. medvet. Rabitsch, Alexander: Zum Transport nicht-entwöhnter Kälber. Seite 7. Onlinequelle.
12 – Dr. medvet. Rabitsch, Alexander: Zum Transport nicht-entwöhnter Kälber. Seite 6. Onlinequelle.
13 – Landwirtschaftskammer Niederösterreich (2022): Zuchttiertransporte: Änderungen ab 1. September 2022. Onlinequelle.
14 – Bundesministerium für Finanzen (2022): Information zu der am 1. September 2022 in Kraft tretenden Änderung der Arbeitsrichtlinie Tiertransportgesetz (GK-0200). Onlinequelle.
15 – Europäische Union, EUR-Lex Access to European Union law: Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen sowie zur Änderung der Richtlinien 64/432/EWG und 93/119/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1255/97. Onlinequelle.
16 – Dr. medvet. Rabitsch, Alexander: Zum Transport nicht-entwöhnter Kälber. Seite 8. Onlinequelle.
17 – Europäische Union, EUR-Lex Access to European Union law: Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen sowie zur Änderung der Richtlinien 64/432/EWG und 93/119/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1255/97. Onlinequelle. Formularbeginn
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