Grüne und KPÖ vereint in Kritik am steirischen Pflegegesetz
Gesetzesentwurf bleibt hinter Erwartungen zurück
Dringend notwendige Reform bleibt aus. Das neue Pflege- und Betreuungsgesetz enttäuscht weitgehend und findet keine Lösungen für die sich seit vielen Jahren türmenden Probleme in der steirischen Pflege.
Grüne und KPÖ haben im Laufe dieser Regierungsperiode gemeinsam insgesamt 87 parlamentarische Initiativen zum Thema Pflege eingebracht – mit der festen Überzeugung, dass die langjährigen Fehlentwicklungen im Pflegesystem eine dringende Gegensteuerung erfordern. Im Mai 2022 stimmten die Fraktionen dem Allparteienantrag zu, mit dem man sich im Landtag auf eine Weiterentwicklung der Pflege und Betreuung verständigte – mit „Mobil vor stationär“ als oberste Prämisse. Umso größer ist die Enttäuschung, die Grüne und KPÖ in einer gemeinsamen Stellungnahme zum nun vorliegenden Entwurf des Pflege- und Betreuungsgesetzes äußern. So sei es zwar begrüßenswert, dass Leistungen im Bereich der Pflege und Betreuung nunmehr übersichtlich gesetzlich verankert werden. Auch ist das Bekenntnis zur Gemeinnützigkeit für zukünftige Pflegeheimbetreiber ein wichtiger Schritt – gerade in der Steiermark, wo gewinnorientierte Betreiber dominieren, und wo es essentiell ist, dass Pflege und Betreuung nicht den Renditeerwartungen internationaler Konzerne dienen, sondern ein würdevolles Altern ermöglichen.
Doch insgesamt kritisieren Grüne und KPÖ den Entwurf als unzureichend in seiner aktuellen Form. Jahrelang wurde die Dringlichkeit von Verbesserungen betont – das jetzt vorliegende Ergebnis ist lediglich eine verschriftlichte Form des Status quo. Es bleibt völlig unklar, wie dieser Entwurf zur Lösung der jahrzehntelangen Fehlentwicklungen in der steirischen Pflegelandschaft beitragen soll. Der Grundsatz „Mobil vor stationär“ wird zwar in den Erläuterungen des aktuellen Entwurfs hervorgehoben, ist in den Gesetzestexten aber kaum bis gar nicht abgebildet.
Grünen-Klubobfrau Sandra Krautwaschl: „Es ist zutiefst enttäuschend, dass der vorliegende Gesetzesentwurf die zentrale Forderung, Menschen so lange wie möglich in ihrem Zuhause zu betreuen, nicht erkennbar unterstützt. Mit dem vorliegenden Ergebnis wird die Chance verpasst, echte Verbesserungen im Pflegesystem zu implementieren, die dringend benötigt werden, um den Menschen ein würdevolles Altern zu ermöglichen.“
KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler: „Der Berg kreißte und hat ein Mäuschen geboren. Auch wenn positive Ansätze erkennbar sind, bedarf der Gesetzesentwurf noch einer umfassenden Überarbeitung. Die vielen im Begutachtungsverfahren eingelangten Stellungnahmen der Fachkräfte müssen unbedingt noch eingearbeitet werden, damit älteren Menschen ihr Wunsch, möglichst lange gut betreut zuhause leben zu können, endlich erfüllt wird.“
Krautwaschl und Klimt-Weithaler fordern daher eine grundlegende Überarbeitung des Gesetzesentwurfs, um ein zukunftsfähiges und menschenwürdiges Pflegesystem in der Steiermark zu schaffen, das den Bedürfnissen der Steirer:innen wirklich gerecht wird.
Einige Kritikpunkte im Detail
Im Widerspruch zur bisherigen Gesetzeslage sieht der Entwurf keinen Rechtsanspruch für mobile Pflegedienste wie insbesondere der Hauskrankenpflege, der Alltagsbegleitung, oder der Tagesbetreuung vor, die lediglich als optionale „Kann-Leistungen“ festgelegt werden. Dies untergräbt das im Gesetzentwurf selbst formulierte Ziel der verstärkten Inanspruchnahme mobiler und teilstationärer Leistungen.
Während für stationäre Pflegeleistungen kein Vermögenseinsatz erforderlich ist, sieht der Entwurf für die 24-Stunden-Betreuung einen solchen Vermögenseinsatz vor. Dies steht im klaren Widerspruch zu dem Grundsatz „mobil vor stationär“, wird damit doch der gewünschte Lenkungseffekt in Richtung mobiler Versorgung unterlaufen.
Trotz der erfolgreichen Etablierung von Community Nursing als wohnortnahe, niederschwellige und bedarfsorientierte Versorgungsdienstleistung in vielen Gemeinden und der Sicherstellung der weiteren Finanzierung durch Bundesmittel, findet diese wichtige präventive Leistung keine gesetzliche Verankerung im aktuellen Entwurf.
Der Entwurf adressiert nicht die wachsende Notwendigkeit von spezialisierten Angeboten für Menschen mit Demenzerkrankungen. Es fehlen beispielsweise Leistungen wie die mobile alterspsychiatrische Betreuung oder speziell betreute Wohnformen, die den Bedürfnissen von Menschen mit demenziellen Erkrankungen und deren Angehörigen gerecht werden.
Der Entwurf überlässt entscheidende Fragen wie etwa zum Personalschlüssel in Pflegeheimen zukünftigen Verordnungen, weshalb eine abschließende Beurteilung der Novellierung nicht möglich ist.